Bayer 04 Leverkusen: Mit beiden Benders zurück zu erfolgreichen Zeiten?
Für die Fans des BVB war diese Nachricht ein herber Schlag. Sven Bender, nach acht Jahren in Dortmund dort zur großen Identifikationsfigur aufgestiegen, wechselt zu Bayer Leverkusen. Dorthin, wo sein Zwillingsbruder Lars schon seit 2009 und somit ebenfalls 8 Jahre unter Vertrag steht, inzwischen 183 mal in der Bundesliga für Bayer Leverkusen um Punkte kämpfte. Nun fragen sich nicht nur die Anhänger des Werksclubs, sondern die gesamten Fußballfans in Deutschland, ob dieser Wechsel entscheidend dazu beitragen kann, dass Bayer Leverkusen wieder an alte Erfolge anknüpfen kann.
Hier gehen wir dieser berechtigten Frage auf den Grund, spielen ein paar Gedankenspiele durch, blicken aber auch ungeschönt auf den aktuellen Leistungsstand von Sven Bender – und ob der Umstand, dass nun nicht nur zwei Brüder, sondern sogar Zwillinge für Bayer Leverkusen spielen werden, überhaupt so einen großen Einfluss haben wird, wie Romantiker sich das wohl gerne wünschen.
Nach acht Jahren wieder im selben Club
Das letzte Mal in einem Vereinsspiel zusammen gespielt hatten die beiden Zwillinge am 1. Mai 2009, damals noch beim TSV 1860 München, bei dem beide schon in der Jugend zusammen ausgebildet worden waren und bis 2009 auch als Profis kickten. Fast 3.000 Tage später steht nun die Wiedervereinigung der beiden aus dem bayrischen Rosenheim stammenden Zwillinge fest. Allerdings nicht beim inzwischen in die 4. Liga abgestiegenen Stammverein TSV 1860 München, sondern bei jenem Club, bei dem Lars Bender schon seit 2009 spielt.
Damals hatten sich ihre Wege getrennt, vielleicht auch, weil sie sich zu ähnlich in ihrer gesamten Spielanlage waren. Man hätte mit ihnen wohl zweimal denselben Spielertyp erhalten. Zwar spielt Lars Bender im defensiven Mittelfeld und in der Außenverteidigung, Sven Bender hingegen in der Innenverteidigung. Letzteres war aber noch nicht immer so. Erst Dortmunds geschiedener Trainer Thomas Tuchel hatte Sven Bender zu einem solchen umfunktioniert. Ursprünglich war auch er weiter vorne auf dem Spielfeld zu finden, nämlich eben im defensiven Mittelfeld.
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Leverkusens Heiko Herrlich ist begeistert
Solche Gedankengänge – dass die beiden zu ähnlich sein könnten – sind den Verantwortlichen bei Bayer Leverkusen aber offenbar fremd, oder falls vorhanden, als nicht relevant eingestuft worden. 12,5 Mio Euro Ablöse zahlt Bayer Leverkusen für Sven Bender an den Ligakonkurrenten Borussia Dortmund. Bei bestimmten Bedingungen erhöht sich diese Summe noch durch Bonuszahlungen auf bis zu 15 Mio Euro. Sein Vertrag bei Bayer Leverkusen läuft bis ins Jahr 2021.
Leverkusens neuer Trainer Heiko Herrlich zeigte sich naturgemäß sehr angetan von dieser Neuverpflichtung. Er nannte auch prompt all die positiven Eigenschaften, die Sven Bender nun mit nach Leverkusen und dort in die Mannschaft einbringen wird. “Hohes Niveau, großes Engagement, leidensfähig für das Kollektiv” attestierte Heiko Herrlich Sven Bender, nachdem der auch die medizinische Untersuchung bei Bayer Leverkusen erfolgreich bewältigt hatte. Damit wurde der Wechsel endgültig Gewissheit und auch der Öffentlichkeit mitgeteilt.
Beim BVB überzeugte Sven Bender schon lange nicht mehr
Ganz so begeistert wie Heiko Herrlich war man bei Borussia Dortmund zuletzt aber nicht mehr von den Fähigkeiten Sven Benders. Die Fanszene war wie so oft geteilter Meinung. Einige Dortmunder äußerten Unverständnis, dass man so einen verdienten, langjährig treuen Spieler verkaufe. Andere schlossen sich der Einschätzung an, die am Ende auch die Dortmunder Vereinsführung teilte: dass Sven Bender nicht mehr die Qualität besitzt, um den BVB zu verbessern. Vielmehr empfand es nicht nur Thomas Tuchel, der zuletzt immer weniger auf ihn baute, so, dass Sven Bender zunehmend fahriger spielte, in manchen Szenen sogar zum Sicherheitsrisiko wurde.
Zudem kam er in den zwei Jahren unter Tuchel auch deshalb zu recht wenigen Einsätzen, weil er häufig verletzt war. Ein Aspekt, den man bei Borussia Dortmund sicher auch mit in die Entscheidung hat einfließen lassen, Sven Bender nun gehen zu lassen. Am Ende war es sicher nicht Michael Zorcs Meinung allein, dass man ihn nicht würde halten wollen, lieber eine stattliche Ablösesumme einstreicht.
Leverkusen aktuell keine Top-Adresse im deutschen Fußball
Dennoch darf die Begeisterung auf Leverkusener Seite über diesen Transfer nicht verwundern. Nach einer verkorksten letzten Saison, die im Verschleiß gleich zweier Trainer gipfelte, liefen die Leverkusener am Ende nur auf Rang 12 ein. Bis kurz vor Saisonschluss musste man sogar um den Klassenerhalt zittern. So folgt nun in jedem Fall eine Saison ohne Teilnahme am Europapokal. Das ohnehin schon eher graumäusige Leverkusen ist durch diesen Umstand für Spieler von großer Qualität sicher nicht attraktiver geworden.
Und noch weiß niemand, wie der neue Trainer Heiko Herrlich sich in der 1. Bundesliga schlagen wird. Seine Zeit als Zweitligatrainer beim VfL Bochum hatte er unrühmlich geendet. Da ist ein Spieler wie Sven Bender, der nur knapp das Niveau verfehlt, dem BVB noch weiterhelfen zu können, für die Leverkusener ein echter Fang, zumal an Sven Benders charakterlichen Qualitäten überhaupt keine Zweifel bestehen.
Zuletzt vereint großen Erfolg bei Olympia
Reicht die Wiedervereinigung der beiden Bender-Zwillinge unter dem Bayer-Kreuz nun aber dazu, den Club wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen? Geht es mit Sven und Lars Bender zusammen wieder in Richtung Europa? Fragen, die vor allem die Leverkusener Fans beschäftigen. Die Bundesliga hat sich mit dem Aufstieg von Leipzig verändert, die Trauben hängen höher. Dennoch bringt Sven Bender etwas mit, was dem Bayer-Team oftmals fehlte: Auch in verworrenen Situationen a) die Ruhe zu behalten und b) den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Hat man schon zwei Spieler dieser Qualität, eben die beiden Benders, auf dem Platz, kann das der gesamten Mannschaft einen anderen Charakter geben. Auch wenn beide eher defensiv orientiert spielen. Von dort aus können sie sicher besser für Stabilität und eine andere Mentalität sorgen als ein Strafraumstürmer.
Zudem ist zu erwarten, dass sie sich fußballerisch auf dem Platz bestens verstehen werden. Und wenn sie zusammen auftreten, hatten sie zumindest zuletzt recht großen Erfolg. Bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro gewann die deutsche Mannschaft mit ihnen als Säulen des Teams die Silbermedaille. Zumindest auf eine Besserung gegenüber der letzten Saison darf also als berechtigte Hoffnung in Leverkusen angesehen werden.
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