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Der FC St. Pauli

In der Hansestadt Hamburg gibt es natürlich viel mehr als nur zwei Fußballvereine, doch zu den bekanntesten gehören natürlich der Hamburger SV und der FC St. Pauli. Beide Mannschaften zeichnen sich durch ihre Rivalität aus, die jedoch wegen der unterschiedlichen Ligazugehörigkeiten nicht mehr so oft zum Tragen kommt. Wie haben uns an dieser Stelle ausführlich mit der Geschichte und dem Phänomen FC St. Pauli beschäftigt. Kilian Trotoir von der Wochenzeitung „Die Zeit“ hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Kein anderer Proficlub erfüllt die Sehnsüchte und Ansprüche unserer Zeit so gut wie der FC St. Pauli. Denn welchen Kriterien müsste ein idealer Fußballverein heute entsprechen? Der Verein müsste demokratisch sein, also seine Mitglieder ernst nehmen und nicht das Wohl einiger weniger Investoren. Er müsste politisch sein, also sich für das interessieren, was in der Welt geschieht. Er müsste lokal verankert sein, also seinem Stadtteil eine Identität verschaffen. Er müsste zusammenhalten, sollte also nicht alles rücksichtslos auf den sportlichen Erfolg der Profimannschaft ausrichten. So ein Verein ist der FC St. Pauli.“

Foto: Rainer Lesniewski / Shutterstock.com

Die Geschichte des FC St. Pauli

Die Geschichte des FC. St. Pauli beginnt mit der Gründung am 15. Mai 1910. Doch erst in der Saison 1922/23 wurde es interessant, denn ab da spielte der Verein eine größere Rolle, damals in der erstklassigen Norddeutschen Liga. In der jüngeren Vergangenheit war der FC St. Pauli in der meisten Zeit in der 2. Bundesliga aktiv, ab und zu verirrten sich die Kiezkicker in die 1. Bundesliga, hielten es aber nie lange bei den etablierten Vereinen aus. Immer wieder musste der Verein vor dem finanziellen Ruin gerettet werden – glücklicherweise verfügt der Verein über eine ganze Menge Fans und auch jede Menge Sympathien in der gesamten Fußballwelt, so dass sich immer wieder ein Weg fand, den Verein am Ende zu retten. Seit der Saison 2011/12 spielt die Mannschaft wieder dauerhaft in der 2. Bundesliga, mal steht das Team kurz vor dem Aufstieg, mal spielt die Mannschaft um den Klassenerhalt. Ein gesundes und sympathisches Chaos umgibt den Verein wie keinen zweiten.

Die Retterkampagne 2003

Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga zum Ende der Saison 2002/03 drohte der Verein durch finanzielle Schwierigkeiten und durch den damit verbundenen Zwangsabstieg in die Oberliga durchgereicht zu werden. Doch durch einige bundesweit für Aufsehen sorgende Aktionen blieb dem Verein dieses Schicksal erspart:

  • Verkauf von 102.948 „Retter“-T-Shirts (Nettoerlös: 896.830 Euro)
  • Verkauf des Jugendleistungszentrums am Brummerskamp an die Stadt Hamburg für 720.000 Euro
  • ein Benefizspiel unter dem Motto „Weltpokalsiegerbesieger gegen Weltpokalsieger“ gegen den FC Bayern München, der auf Gage und Kostenerstattung verzichtete, im Millerntor-Stadion (271.112 Euro)
  • Bargeldspenden von rund 200.000 Euro
  • Bieraktionen „Astra trinken – St. Pauli retten“ (1 Euro pro Astrakasten, rund 120.000 Euro) und „Saufen für St. Pauli“ (50 Cent Soliaufschlag pro Bier bei teilnehmenden Kneipen, rund 50.000 Euro)
  • Im Millerntor-Stadion durchgeführte Kulturveranstaltungen: Jazzfestival, DJ-Soundclash, drei Freiluftkinoabende, „Finales Retterkonzert“
  • Verkauf von 11.700 Dauerkarten für die kommende Saison

Weltpokalsiegerbesieger

Die Fans des FC St. Pauli feiern noch heute dieses eine Bundesligaspiel gegen den FC Bayern München. Es fand am 6. Februar 2002 statt und die Paulianer waren in der Bundesliga auf dem letzten Tabellenplatz. Dennoch gelang ein 2:1 Sieg gegen den deutschen Rekordmeister im Millerntorstadion, daraufhin wurden T-Shirts mit dem Aufdruck „Weltpokalsiegerbesieger“ hergestellt und verkauft. Der Hintergrund: Wenige Wochen zuvor hatte der FC Bayern München den Weltpokal gewonnen.

Die Fanszene auf St. Pauli

Das Symbol der St. Paulifans ist die Totenkopffahne. Damit ist bereits viel über den Klub und die Fans gesagt. Denn ganz in der Tradition Jahrhunderte alter Piraterie wird sie als Symbol von „Arm gegen Reich“ angesehen. Der Verein konnte sich trotz vergleichbar geringer Budgets und finanzieller Mittel stets mit achtbaren Leistungen und Erfolgen in den jeweiligen Wettbewerben und Ligen rühmen. Die Fanszene drückt mit dem Piratenkopf daher auch den Kampf der Paulianer gegen die Etablierten, die reichen und von der Privatwirtschaft massiv unterstützten Vereine aus. Die Fans des FC St. Pauli gelten politisch gesehen eher der links-autonomen Szene an, was nicht selten zu Rivalitäten mit anderen Vereinen geführt hat.

Rivalitäten

Der Hauptrivale der Kiezkicker ist natürlich der Hamburger SV. Doch sportliche Vergleiche werden weniger, da der FC St. Pauli sich nur selten in der 1. Bundesliga blicken lässt. Seit dem 13. März 1993 gilt auch der FC Hansa Rostock als einer der Hauptrivalen. Grund: Es kam bei dem Spiel an diesem Datum angesichts der rechtsradikalen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen ein Jahr zuvor zu Auseinandersetzungen mit den linken Fans der Hamburger und den rechtsgerichteten Fans der Rostocker. Inzwischen wird jedes Duell zwischen St. Pauli und Hansa Rostock als Risikospiel eingestuft. In der jüngeren Vergangenheit kam es außerdem immer wieder zu ausgeprägten Antipathien gegenüber dem VfB Lübeck. Immer wieder gab es den Verein und die aktive Fanszene betreffende Dokumentationen im deutschen Fernsehen zu sehen. Philipp Köster von „11 Freunde“ charakterisierte den Verein und die Fans einmal so: „Die Schnurre enthält alle Ingredienzen, die dem Kiezklub eine Sonderstellung im Profifußball eingebracht haben: Freundschaft und Empathie, Solidarität und Nahbarkeit, Humor und Chaos. Zudem zeugt sie von der schmalen Grenze zwischen Triumph und Leid, die St. Pauli und seine Gefolgschaft über Jahre zu einer Wertegemeinschaft verschmolzen und dafür gesorgt haben, dass der Klub heute einen Lebensstil verkörpert, mit dem sich viele identifizieren. Der Kern der Philosophie ist etwas, das der Gesellschaft zunehmend abhanden zu kommen scheint: Die ständige Frage, ob man mit seinen Mitmenschen richtig umgeht. Das macht den FC St. Pauli für viele zu einer Heimat, in der es um deutlich mehr geht als Fußball. Der FC St. Pauli ist der Gegenentwurf zum Konservatismus, zum Establishment.“

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